Auferstanden von den Toten

Im Marienheiligtum von Oberbüren (BE) bot die katholische Kirche des Mittelalters ganz besondere Dienste an: Tot geborene oder bei der Geburt gestorbene Kinder wurden kurz «wiederbelebt», um getauft und danach beigesetzt werden zu können. Die Kirche von Oberbüren war aber nicht nur ein Wallfahrtsort, sondern auch ein Wirtschaftsfaktor, denn kostenlos war bloss die Auferweckung, nicht aber die Taufe oder die Bestattung. Die angebliche Wiedererweckung von den Toten war ein glänzendes Geschäft für den Kanton Bern, und erst die Reformation setzte dem Treiben ein Ende. Mein neuer Text im Blog des Schweizerischen Nationalmuseums auf Watson und im Bieler Tagblatt.

Der Standort des einstigen Marienheiligtums in Oberbüren BE, die Eisenplastik «Die Feder» des Solothurner Künstlers Gunter Frentzel, eine Rekonstruktion der Wallfahrtsanlage und Grabungsarbeiten mit Grundmauern und Skeletten. (Bilder: Thomas Weibel; Archäologischer Dienst des Kantons Bern, Daniel Marchand/Max Stöckli, Peter Liechti)

Kompass

Modernster Ortungs- und Navigationstechnologien zum Trotz ist der Kompass noch immer ein unerlässliches Instrument. Jedes Smartphone verfügt über einen Magnetsensor und eine Kompass-App, und so geht gern vergessen, welch enorme Bedeutung der Kompass in den vergangenen Jahrhunderten für Geografie und Kartografie, Seefahrt und Astronomie hatte. Open Data sei Dank stehen uns die oft prachtvoll ausgestatteten Geräte der Vergangenheit in Form hoch auflösender Bilder zur Verfügung, aber Fotos geben uns keinen Eindruck von der einstigen Funktion. Das lässt sich ändern.


Bussole, 19. Jahrhundert, Sammlung wissenschaftlicher Instrumente und Lehrmittel, ETH Zürich.

Die Sammlung wissenschaftlicher Instrumente und Lehrmittel der ETH Zürich hält umfangreiches Bildmaterial bereit, unter anderem eine Bussole aus dem 19. Jahrhundert, deren Foto lizenzfrei und damit für jedweden Gebrauch zur Verfügung steht. In nur 50 Zeilen Code lässt sich dieser Kompass auf dem Smartphone wieder zum Leben erwecken. Auf dass die prachtvolle, handgemalte Windrose uns auch heute noch den Weg weise.

 

Prix Europa

Von 11. bis 15. Oktober findet in Potsdam zum 35. Mal der Prix Europa statt, das grösste europäische Medienfestival für Radio, Fernsehen und Multimedia. Seit 23 Jahren bin ich mit dabei, mal als Referent, mal als Liveblogger, fast jedesmal als Mitglied der Online-Jury. Meine ganz persönliche Shortlist der grossartigsten Multimediaproduktionen Europas wird lang und länger.

Die Jury der Kategorie «Digital Media Projects» in der Schinkelhalle an der Schiffbauergasse, Potsdam.

 

Altiswiss

Am 30. November 2018 verabschiedete der Bundesrat die «Open Government Data»-Strategie für die Jahre 2019–2023. Diese sieht vor, dass die Bundesverwaltung ihre Daten zur freien Nutzung veröffentlicht; ausgenommen sind lediglich Bestände, bei denen ein «legitimes Schutzinteresse» überwiegt, etwa in Bereichen der öffentlichen Sicherheit oder beim Datenschutz.

Seither werden schrittweise grosse Datenbestände publiziert – seit dem 1. März dieses Jahres zum Beispiel sind sämtliche Geodaten des Bundesamtes für Landestopografie frei erhältlich. Mit diesen Daten, darunter dem digitalen Höhenmodell oder dem Ortschaftenverzeichnis der Schweiz, lassen sich überraschende Anwendungen programmieren.


Altiswiss: Ein Höhenmesser für unterwegs, auch ohne barometrische Sensoren. (Quelle: Bundesamt für Landestopografie)

Zum Beispiel meine neue Webapp Altiswiss: Sie ermittelt den aktuellen Standort, gleicht ihn mit dem Höhenmodell ab, zeigt die interpolierte Höhe über Meer an (numerisch und analog), dazu die Koordinaten, die per Triangulation ermittelte nächstgelegene Ortschaft (in Gelb) sowie deren Meereshöhe, Luftliniendistanz und Kompassrichtung (analog sowie in Grad und Himmelsrichtungen). Die Pfeiltasten ermöglichen die Anzeige weiterer in der Nähe gelegener Ortschaften.

Ein Höhenmesser trotz fehlender Luftdrucksensoren: Open Data macht's möglich.

 

Das Salz des Lebens

Das Salz der Erde sein, jemandem die Suppe versalzen, Salz in die Wunde streuen – in Sprache und Kultur ist Salz omnipräsent. Zu allen Zeiten war Salz nicht nur lebensnotwendig, sondern auch kostbar, und als «weisses Gold» hatte es stets auch eine hohe symbolische Bedeutung. Als Zeichen des Wohlstandes, als Sinnbild der Reinheit und gar von Christus selbst war das omnipräsente Salzfass zu allen Zeiten eine Ikone der Malerei.

Jahrhundertelang war das Binnenland Schweiz auf Salzimporte angewiesen. Ein hartnäckiger deutscher Bohrspezialist und «Salinist» mit Namen Carl Christian Friedrich Glenck änderte das 1836 nachhaltig: In einer Tiefe von 135 Metern stiess er bei Muttenz auf eine massive, 6 Meter dicke Schicht aus Steinsalz. Mein neuer Beitrag im Blog des Schweizerischen Nationalmuseums und auf Radio SRF 2 Kultur.

Berkeley

Das renommierte Berkeley Center for New Media der University of California ist ein stark interdisziplinär orientiertes Institut, dessen Forschung sich von Architektur, Philosophie, Film und Medien, Kunst, Performance Studies und Musik bis hin zu Ingenieurswesen, Informationswissenschaft, Journalismus und Recht erstreckt. Einer der Schwerpunkte des BCNM sind locative media, standortsbasierte Medien von der Postkarte bis zur Smartphone-App.


Projekt swisspeaX: Blick vom Lido di Ascona nach Südosten. (Quelle: Bundesamt für Landestopografie)

Seit 2019 unternehme ich Versuche, Ortsinformationen mit der Leistungsfähigkeit mobiler Webapplikationen zu verbinden, und nun bin ich als visiting scholar in new media offiziell eingeladen, auf der Basis meiner bisherigen Versuche (Toposwiss, swissAR, swisspeaX, Altiswiss) die Möglichkeiten und Grenzen heutiger Webtechnologien weiter auszuloten und neue Mixed-Reality-Webapps zu entwickeln.

Von Anfang August 2022 bis Ende Januar 2023 wird die San Francisco Bay Area also mein neues Zuhause sein. Auf zu neuen Ufern. (Jenen des Pazifik nämlich.)

Papierene Reserve

Was tun, wenn Fälscher oder eine feindliche Macht das Land mit Falschgeld überschwemmen? Der Notfallplan der Schweizerischen Nationalbank bis 1995: Geheime Reservebanknoten. Mein neuer Beitrag im Blog des Schweizerischen Nationalmuseums und auf Radio SRF 2 Kultur.

Chemie als Wissenschaft der Zukunft, entworfen vom Luzerner Künstler Hans Erni: Die 500-Franken-Reservenote aus der vierten Banknotenserie von 1938 (Rückseite des Probeabzugs).

PS: Viele weitere Geschichten über das liebe Geld gibt's in meinem Blog «Bare Münze». Oder in meinem gleichnamigen Buch.

 
 
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