Der jährlich stattfindende Schweizerische Kulturdaten-Hackathon ist ein wichtiger Termin für Hacker und Forscher gleichermassen. Der Swiss Open Cultural Data Hackathon hat zum Ziel, gemeinfreie digitale Schätze der schweizerischen Gedächtnisinstitutionen («Glam» ist ein Akronym für galleries, libraries, archives, museums) zu heben und mittels innovativer und kreativer Anwendungen einem neuen Publikum zugänglich zu machen.

Ich habe mir zum Ziel gesetzt, jedes Jahr eine funktionsfähige, für mobile Geräte optimierte Web-App zu schaffen, die Kulturdaten im weitesten Sinn des Wortes zur Darstellung bringt. Eine davon, «Manesse Gammon», wurde Ende 2017 als Best-practice-Beispiel in die europäische Kulturdatenbank Europeana aufgenommen.

Ra

Im Jahr 2013 entdeckte ein Grabungsteam der Universität Basel im Tal der Könige, Ägypten, ein Kalksteinstück, das auf der flachen Vorderseite eine mit dem Pinsel aufgemalte Sonnenuhr trug. Am Scheitelpunkt befindet sich eine Bohrung mit einem Durchmesser von 6 mm, die einst den Schattenwerfer trug, einen Stab aus Holz oder Metall. Die Uhr wurde von Arbeitern hergestellt, die mit Malerarbeiten in den nahegelegenen Gräbern hochgesteller Persönlichkten beschäftigt waren. Die Sonnenuhr stammt aus der Zeit um 1200 v. Chr. und ist damit die wohl älteste der Welt. Die Webapp «Ra» erweckt diesen 3200 Jahre alten Zeitmesser wieder zum Leben.


«Ra» (29.-30. September 2023), Projektdokumentation im Wiki von Open Data Schweiz)

Mont (2022)

Die Webapp «Mont» ist eine browserbasierte Anwendung, die Schweizer Hügelkuppen und Berggipfel identifiziert und ihre Höhe und augenblickliche Entfernung ausgibt. Zu diesem Zweck lokalisiert die App den User, interpoliert auf der Basis eines digitalen Höhenmodells der Schweiz seine Meereshöhe, trianguliert den angepeilten Gipfel, berechnet seine Entfernung und gibt die Daten aus. Mont ist in Vanilla JS geschrieben und nutzt keinerlei Frameworks und Libraries.


Mont (4.-5. November 2022, Projektdokumentation im Wiki von Open Data Schweiz)

 

helvetiX (anno MMXXI)

helvetiX tabula interactiva est te per provinciam Helveticam ducens. helvetiX semper tecum ubicumque sis. Identificationem positionis concedis et deinde helvetiX prospectum Helvetiæ ostendet et omnia Romana oppida atque colonias exhibebit cum intervallum passorum atque translationem in linguam Helveticam. Infra est rosa ventorum quæ tuam actualem directionem ostendit. Si non sis Romanus, sed Helveticus, supra potes quemlibet urbem aut vicum in linguam Helveticam scribere, et recte eo fereris. helvetiX augurat tibi felicem peregrinationem per splendidam provinciam Helveticam!


Urbem helveticam quære: helvetiX (XVI.-XVII. Aprilis MMXXI, descriptio incepti in wikio datorum apertorum Helvetiæ)

 

swissAR (2020)

swissAR ist eine Smartphone-optimierte Website auf der Basis des Javascript-Frameworks A-Frame, die auf Handykamera, GPS-Daten, Kompass und Bewegungssensoren zugreift und mit den Informationen des Open-Data-Elevationsmodells der Schweiz sowie Toponymie-Datenbanken eine Orientierungshilfe für Wissbegierige bietet. Innerhalb eines Umkreises von 10 Kilometern werden alle Ortschaften, Berggipfel und Hügel sowie Kulturdenkmäler höhen- und lagerichtig angezeigt. Mittels Parametern ist es sogar möglich, sich an anderen Orten der Schweiz «umzusehen».


swissAR (5.-6. Juni 2020, Projektdokumentation im Wiki von Open Data Schweiz)

 

Back to the Greek universe (2019)

Claudius Ptolemäus (~100-160 n. Chr.) war Wissenschaftler an der Bibliothek von Alexandria. Sein Hauptwerk, der sogenannte «Almagest», trug das gesamte astronomische Wissen der Zeit zusammen und verdichtete es zum Ptolemäischen Weltbild, das eineinhalb Jahrtausende lang unser Bild des Kosmos prägen sollte. Die Erde im Zentrum, die Planeten auf ebenmässigen, konzentrischen Kreisbahnen: Diese Vorstellung von Ptolemäus' Theoremen greift viel zu kurz. Das VR-Projekt «Back to the Greek universe» bringt die enorme wissenschaftliche Leistung der alten Griechen voll zur Geltung. Bildschirm frei für das Ptolemäische Universum.

«Back to the Greek universe» (6.-8. September 2019, Projektdokumentation im Wiki von Open Data Schweiz)

 

Letterjongg (2018)

1981 vom querschnittgelähmten Physiker Brodie Lockard auf einem Mainframe-Computer der Universität von Illinois als «Mahjongg Solitaire» geschaffen und später vom US-Spielehersteller Activision unter dem Namen «Shanghai» auf den Markt gebracht, bringt «Letterjongg» Drucktypen des bologneser Schriftengiessers Francesco Griffo zur Darstellung, die aus der Horaz-Gesamtausgabe des venezianischen Humanisten Aldus Manutius von 1501 stammen. «Letterjongg» unternimmt den Versuch, die fernöstliche Bildwelt des Originalspiels in westliche Typographie zu übersetzen. Ein modernes Handygame mit 144 Lettern aus dem Spätmittelalter: Das macht die Sache nicht eben einfacher.


«Letterjongg» (26.-28. Oktober 2018, Projektdokumentation im Wiki von Open Data Schweiz)

 

Gutenberg Memory (2017)

Die Drucktechnologie des ausgehenden Mittelalters besass eine disruptive Kraft, die sich am ehesten noch mit jener des World Wide Web vergleichen lässt. In Zusammenarbeit mit Elias Kreyenbühl von der Universitätsbibliothek Basel habe ich mir die Typografie der Inkunabelzeit vorgenommen. Was immer Johannes Gutenberg vom Spielen gehalten haben mag: Im Projekt «Gutenberg Memory» wird das Schriftbild seiner Druckbibel von 1454/1455 sowie vier weiterer Inkunabeln und Postinkunabeln zur mnemotechnischen Knacknuss. Das Kinderspiel «Memory», auf einfache, einprägsame Optik angelegt, wird mit 40 Karten und der Selbstähnlichkeit Gutenbergscher Druckbuchstaben zur echten Herausforderung.


«Gutenberg Memory» (15./16. September 2017, Projektdokumentation im Wiki von Open Data Schweiz)

 

Manesse Gammon (2016)

Backgammon ist ein Spiel, das in seiner heutigen Form nachweislich mehr als sieben Jahrhunderte überbrückt. Mithilfe meines Backgammon-Algorithmus lässt «Manesse Gammon» einen Spieler aus dem Jahr 1300 wieder auferstehen. Er ist kein einfacher Gegner: Er spricht nur Mittelhochdeutsch, und er hat ein gutes Händchen beim Würfeln.


«Manesse Gammon» (1./2. Juli 2016, Projektdokumentation im Wiki von Open Data Schweiz)

 

Tarot Freecell (2015)

Digitalisierte Spielkarten aus dem 18. und 19. Jahrhundert, eingelagert in Archiven und gelegentlich ausgestellt in Vitrinen, schreien geradezu danach, wieder ihrem ursprünglichen Zweck zugeführt zu werden. Ein Onlinegame mit einem historischen Tarot-Kartensatz? Challenge accepted. Bildschirm frei für «Tarot Freecell».


«Tarot Freecell» (27./28. Februar 2015, Projektdokumentation im Wiki von Open Data Schweiz)

 

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